Offener Brief von Mobiles Wuppertal:
Sehr geehrter Herr Krischer,
„Wer Straßen baut, wird Verkehr ernten.“
Diese Erkenntnis ist bereits Jahrzehnte alt, dennoch hält die aktuelle Verkehrspolitik auch dieser Landesregierung an einem weiteren Aus- und Neubau von Straßen fest. Somit sind Verkehrsprognosen wie die für die L419 auch als selbsterfüllende Prophezeiungen zu sehen.
Schon jetzt ächzen die Quartiere unserer Stadt unter einem Übergebrauch fahrender und stehender Kraftfahrzeuge, die jeglichen Raum für eine Entwicklung einer nachhaltigen Mobilität blockieren.
Auch angesichts der sich zuspitzenden Klimakrise sehen wir es als absolut kontraproduktiv an, am Ausbau der L419 festzuhalten. Dies konterkariert sämtliche Maßnahmen, die wir als Stadt- und
Zivilgesellschaft versuchen voran zu treiben. Für den dringend notwendigen Ausbau des ÖPNV steht kein Geld zur Verfügung. Im Gegenteil wird das Angebot sukzessive ausgedünnt. Auch für die
Umsetzung einfachster Maßnahmen wie Ausweisung und Bau von Radwegen fehlen in der Stadt praktisch jegliche Investitionsmittel.
Gleichzeitig soll für über 100 Millionen Euro eine knapp 3 km lange Autobahn durch den grünen Gürtel unserer Stadt getrieben werden. Bereits seit geraumer Zeit fordern Initiativen auf dieser in
der Tat hochbelasteten Verkehrsachse eine brauchbare ÖPNV-Verbindung, um eine alternative zum privaten PKW zu schaffen. Aber auch hierfür stand und steht kein Geld zur Verfügung. Dabei geht
es gerade mal um Kosten von 500.000 bis 800.000 € im Jahr. Über mehr als 100 Jahre könnte man diese Verbindung betreiben, wenn man dies mit den geplanten Baukosten aufrechnete. Ganz zu
schweigen von den Emissionen. Um eine gerechte und klimaneutrale Mobilität zu ermöglichen wird die Zahl privater PKW deutlich sinken müssen. Auch durch die Digitalisierung und das autonome Fahren sollte sich in Zukunft die
Notwendigkeit zum privaten Autobesitz und damit auch die Zahl der Fahrzeuge drastisch reduzieren. Dies macht den Bau solcher Großprojekte obsolet.
Bereits mit dem Bau des Sonnborner Kreuzes hat man dieser Stadt eine schwere Wunde zugefügt, von der sich der Stadtteil Sonnborn bis heute nicht erholt hat.
Mit Unverständnis und Entsetzen sehen wir daher, daß die Fehler der Vergangenheit hier wiederholtund die Abhängigkeit vom Auto auf weitere Jahrzehnte zementiert werden soll.
Wir fordern Sie daher auf, den Ausbau der L419 nicht weiter zu verfolgen. Wir benötigen ein Straßenbau-Moratorium und eine deutliche Stärkung öffentlicher Verkehre und aktiver Mobilität.
Als zivilgesellschaftliche Mobilitäts- , Quartiers- und Verkehrsinitiativen erwarten wir von einer Landesregierung mit grüner Beteiligung den Stopp solcher klima- und gemeinwohlschädlicher Großbauprojekte und eine Abkehr von der Ideologie der autogerechten Stadt.
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